Welt überfüllt

Welt überfüllt

von Anna Gmeyner
Einführung 30 Minuten vor Vorstellungsbeginn in der Bar
Premiere 30.09.22
Dauer ca. 2 Stunden 30 Minuten
Eine Pause
Schauspiel
Großes Haus
Uraufführung
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An einer U-Bahn-Station sitzt das Pärchen Nelly und Hans und kommt mit den anderen Wartenden ins Gespräch: Während zwischen Erich und Ursel eine zarte Annäherung entsteht, huscht plötzlich eine zwielichtige Gestalt auf den Gleisen vorbei. Hans läuft hinterher, rangelt mit ihr, kann sie aber nicht aufhalten. Kurz darauf stellt sich heraus, dass die Gestalt die Mitfahrenden einer U-Bahn ausgeraubt hat. Die Tat lässt die jungen Leute nicht los und Hans beginnt, auf eigene Faust zu ermitteln … Was als spannende Kriminalgeschichte beginnt, weitet sich schnell zu einem kaleidoskopartigen Panorama der Arbeiterschicht in der Weimarer Republik. Vor dem Hintergrund zweier junger Liebespaare und einer organisierten Kleinverbrecherbande entspinnt sich eine Großstadtgeschichte um Verzweiflung und Hoffnung, Existenzangst und Glücksmomente, Arbeitslosigkeit und zärtliche Liebe. Es entfaltet sich nach und nach das Porträt der „überfüllten“ Welt am Ende der 1920er Jahre – eine Welt, die sich im Umbruch befindet wie die heutige – und in der alle ihren neuen Platz erst finden müssen.

Die jüdische Schriftstellerin Anna Gmeyner zeigt in ihren Werken nicht die Roaring Twenties, sondern das Alltagsleben der kleinen Leute. Mit sanfter Empathie und großer Beobachtungsgabe vermag sie es, anhand liebevoll gezeichneter Figuren und deren Einzelschicksalen das Gefühl und die Realität einer Epoche zu fassen.

1933 arbeitete Gmeyner in Paris. Nach der Machtergreifung kehrte sie nicht nach Deutschland zurück, sondern blieb zunächst in Frankreich, später dann in England im Exil. Als bedeutende Autorin der Exilliteratur kennt man sie heute vor allem für ihre Romane Manja und Café du Dôme. Ihre Theaterstücke werden erst jetzt wieder entdeckt. Welt überfüllt feiert zur Eröffnung der Spielzeit am Theater Oberhausen fast hundert Jahre nach seiner Entstehung seine Uraufführung.

Extra

Zu Welt überfüllt und dem Themenschwerpunkt KLASSE wird es eine Matinee im Rahmen des Theaterfestes und ein Begleitprogramm geben.

Team

Regie
Bühne und Kostüme
Musikalische Leitung und Sound
Dramaturgie

Bilder

Trailer

AUDIO-EINFÜHRUNG

Pressestimmen

„Die Wiedererweckung des Theaters Oberhausen glückt mit der so werkgetreu wie hingebungsvoll gespielten Nachlass-Entdeckung von Anna Gmeyner. Für diese bietet das Theater Oberhausen alles auf: Elf aus dem Ensemble übernehmen sage und schreibe 30 Rollen und stemmen mit Bravour die Textmasse einer, wie es so schön heißt, werkgetreuen Inszenierung. Dass daraus ein großteils bezwingender Abend wurde und keine literaturhistorische Anstrengung, ist das Verdienst Vieler. Der Applaus in einem endlich wieder nahezu ausverkauften Großen Haus war hochverdient.“ Ralph Wilms, WAZ

„Zu Beginn lastet allen Figuren noch etwas Statisch-Manieriertes an. Regisseur Thomas Ladwig hält sie auf Distanz, zelebriert das gefällige Rollenspiel, das komödiantische Treppensteigen und Aneinander-Vorbeilaufen. Er kostet jede Anspielung aus – ja, Anna Gmeyner hat Sprachwitz. Aber der wirkt stärker, wenn die Inszenierung im späteren Verlauf auch die feinfühligen Zwischentöne zulässt. Poesie-Glamour (und das im positivsten Sinne) und Pragmatismus – diese Mischung war Gmeyners Gabe. Und es beschreibt die starken Momente dieser Inszenierung.“ Sarah Heppekausen, Die Deutsche Bühne

„Die Bühne ist klug genutzt, so geben Licht und Bühnengraben in der Anfangsszene den U-Bahnschacht, durch den in der anschließenden Actionsequenz erst der Dieb, dann seine Opfer hasten. Schier zum Verlieben ist der geniale Bühnenbau, ein über drei Ebenen in Marius Escher-Manier verschränktes, durch Leuchtelemente strukturiertes Regal-Raum-Treppenwerk, das auf der Drehbühne wechselnd mehrere Räume und Richtungen freigibt und gefühlt mindestens fünfdimensional genutzt wird. Da laufen die gut aufgelegten Schauspieler:innen des Oberhausener Ensembles mehrere Treppen parallel oder gegenläufig rauf und runter, verbergen sich in den Nischen und treten aus schattigen Ecken hervor – eine wunderbare Choreografie, deren Rhythmus durch Licht und Ton mitbestimmt wird.

Gmeyners Kosmos aus den 1930er Jahren kommt den 2020er Jahren verdächtig nahe. Anna Gmeyners Stück Welt überfüllt ist eine Entdeckung, und in der Oberhausener Inszenierung sehenswert, gerade auch weil es die heutige Krisenzeit spiegelt („Die Welt an sich ist gut, aber in schlechten Händen“). Karin Yeşilada, nachtkritik.de